Eine Darmflora-Analyse ist oft der letzte Schritt in einer Odysee rund um den Verdauungstrakt des Pferdes. Langanhaltende Kotwasserproblematik, Aufgasung, wiederkehrende Koliken oder auch therapieresistenter Durchfall – eine Verschiebung in der Darmflora des Pferdes kann weitreichende gesundheitliche Folgen haben und ist leider nicht immer auf den ersten Blick klar erkennbar. Wann es Sinn macht, den Darm Ihres Pferdes gezielt untersuchen zu lassen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Wunderwerk Darm
Der Darm des Pferdes ist ein besonders wichtiges Organ, das leider auch recht störanfällig ist. Unterteilt wird der Darm in mehrere Abschnitte, die eine jeweils vollständig unterschiedliche Funktion aufweisen und unterschiedlich aufgebaut sind. Alles in allem dienen sie jedoch dem gleichen Grundzweck: der Verdauung der Nahrung, der Versorgung des Pferdes mit Energie, Baustoffen und Nährstoffen.
Der Aufbau des Darms
Mit einer Länge von ungefähr 30 Metern (je nach Rasse) ist der Darm nahezu unglaublich lang. Er liegt eingeschlungen im Bauchraum des Pferdes und gehört anatomisch und physiologisch zum Verdauungsapparat.
Der Verdauungsapparat des Pferdes beginnt im Maul mit den Zähnen, geht dann durch den Schlund, die Speiseröhre hinab in den Magen. Der Pferdemagen ist verhältnismäßig klein und dadurch angewiesen auf mehrere Futterportionen täglich und nicht zu lange Fresspausen zwischendurch. Grund hierfür ist vor allem die ständige Magensäureproduktion. Ist der Pferdemagen leer, kann die nonstop nachproduzierte Magensäure nicht abgepuffert werden und die Schleimhaut des Magens wird angegriffen, was letztendlich zu Magengeschwüren führen kann!
Nach dem Magen geht es weiter mit dem Dünndarm. Dieser ist ca. 20 Meter lang und setzt sich zusammen aus Duodenum, Jejunum und Ileum. Die Aufgabe des Dünndarms ist die Verdauung von leicht löslichen Nahrungsbestandteilen, die Aufnahme von Vitaminen und Mineralien und die Vorbereitung für die Gärung des Raufutters im Dickdarm. Der Dickdarm besitzt eine Länge von 8-10 Metern und setzt sich aus dem Caecum (Blinddarm) und dem kleinen und dem großen Kolon, sowie dem kurzen Stück des Rektums am Ende zusammen. Vor allem der Blinddarm ist für die Gärung durch die Mikroorganismen verantwortlich und auch im Kolon wird die meiste Verdauungsarbeit durch die Mikroorganismen – die Darmflora geleistet. Weiterhin wird hier der Großteil des Wassers rückresorbiert und die pferdetypischen Äppel geformt, ehe sie im Rektum kurz gelagert und dann in die Welt entlassen werden.
Die Darmflora
Die Verdauungsarbeit im Dickdarm wird durch die dort ansässigen Mikroorganismen geleistet. Diese sind darauf spezialisiert, die grobe Rohfaser zu verdauen.
Pferde sind Pflanzenfresser und als diese auf die Nahrung aus Gras, Heu, Ästen, Blumen und Stroh ausgelegt. Schwer verdauliches, langstängeliges Heu, am besten noch Kräuterreich und arm an energiehaltigen Nutztier-Gräsern, ist die bevorzugte Nahrung des Pferdes und auf diese sind die Mikroorganismen im Dickdarm ausgelegt und angewiesen. Sie verdauen die verholzten Cellulose-Fasern und gewinnen aus diesem starren Material wertvolle Energie und Zucker, um das Pferd am Leben zu halten.
Die Verdauung gerät also tierisch durcheinander, wenn energiereicheres, leicht verdauliches Futter gegeben wird, welches vielleicht auch noch zu viele Säuren enthält, wie beispielsweise Heulage, Maissilage oder Getreide. Vor allem bei Getreide ist es so, dass zu viel leicht verdauliche Stärke, die im Dünndarm nicht voll aufgeschlossen werden konnte, in den Dickdarm gelangt und die Darmbakterien dort überfordert. Diese können im Zweifel sogar absterben und somit einer Verschiebung der Darmflora Tür und Tor öffnen. Deshalb ist vor allem bei Getreide auf eine über 95%-ige Verdaulichkeit der Stärke im Dünndarm zu achten. Dies ist nur bei Hafer der Fall. Anderes Getreide muss vorher behandelt werden, zum Beispiel thermisch aufgeschlossen werden.
Symptomatik einer verschobenen Darmflora
Ist die Darmflora einmal aus dem Gleichgewicht geraten, können eine Reihe an verschiedenen darmassoziierten Symptomen auftreten. Beispielsweise:
- Kotwasser
- Durchfall
- Meteorismus (Aufgasung)
- Maldigestion
- Koliken
Kotwasser und Durchfall können auch gemeinsam oder im Wechsel miteinander auftreten und machen Pferden und Pferdebesitzern oft das Leben schwer, da das Kotwasser nicht nur unschön aussieht, sondern das Pferd auch beeinträchtigen kann, wenn es die empfindliche Haut des Innenschenkelbereichs oder der Fesselbeugen reizt und zu Entzündungen führt.
Auch eine Aufgasung der Pferde ist zu beobachten, oft sogar als einziges Symptom. Hier wirken die Pferde besonders rechtsseitig stark aufgebläht, der Blinddarm ist tympanisch, also vermehrt mit Luft gefüllt. Dies kann die Pferde stark beeinträchtigen und zu Blinddarm-Koliken mit nicht unerheblichen Schmerzen führen. Oft fallen die Pferde auf, indem sie vermehrt pupsen, vor allem zu Beginn des Reitens. Bewegung ist hier wichtig, damit die Darmtätigkeit angeregt wird und das Gas abgehen kann.
Eine Maldigestion ist eine Störung im Verdauungsvorgang selbst. Diese kann zustande kommen, wenn die Darmflora so stark verschoben ist, dass einzelne oder mehrere Mikroorganismen-Spezies fehlen und beispielsweise die Aufspaltung der Rohfaser aus Gras und Heu nicht mehr einwandfrei funktioniert. Pferde mit Maldigestion nehmen oft nicht zu, auch bei ausreichender Fütterungsmenge. Es kann zu weiteren Mangelsymptomen kommen, die sich beispielsweise durch stumpfes Fell oder Mattigkeit äußern können.
Ablauf der Darmfloraanalyse
Die Analyse der Darmflora macht Sinn, wenn Sie eines oder mehrere der Symptome bei Ihrem Pferd feststellen können. Auch nach einer langen Antibiotika-Gabe oder langer Krankheit kann eine Darmflora-Analyse Aussage darüber geben, ob die Darmflora angegriffen oder geschädigt wurde. Wichtig ist: eine Verschiebung der Darmflora kann auch vorliegen, ohne dass Ihr Pferd Durchfall oder Kotwasser hat! Auch bei Allergien, wie beispielsweise Sommerekzem oder bei chronischen Lungenpatienten, kann eine verschobene Darmflora vorliegen und das Problem immer weiter befeuern.
Vor allem Haut, Lunge und Darm hängen hier eng zusammen!
Einsammeln des Probenmaterials beim Pferd
Die Darmflora des Pferdes setzt sich aus zwei unterschiedlichen Mikroorganismen-Arten zusammen. Einmal die anaerob arbeitenden Bakterien, die ohne Sauerstoff überleben, und die aerob arbeitenden Bakterien, die Sauerstoff benötigen. Vor allem die Anaerobier gehen unter Sauerstoffeinfluss schnell kaputt. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Sie die Probe luftdicht verpackt in unser Labor senden. Dadurch eignet sich auch wirklich nur frisch abgesetzter Kot! Sammeln Sie immer nur von einem Haufen, der gerade abgesetzt wurde (Sichtkontrolle!) und nicht von einem Haufen, der bereits mehrere Stunden lang in der Box lag. Hier ist die Zusammensetzung schon soweit verändert, dass die Analyse komplett verfälscht ist.
Weiter ist es wichtig, die Probe ohne Kontamination vom Boden aufzunehmen, um eine Verfälschung der Ergebnisse auch hier zu verhindern. Sammeln Sie hierzu von einem Äppelhaufen immer nur von den obersten Ballen, die nicht den Boden berühren und achten Sie auf ein sauberes Probentütchen!
Darmflora-Analyse und Untersuchung auf Parasiten
Es ist uns leider nicht möglich, aus derselben Probe die Untersuchung der Darmflora und die Analyse der Endoparasiten im Rahmen der Zeitgemäßen und Selektiven Entwurmung durchzuführen. Dies hängt damit zusammen, dass Sie für die Parasitenkontrolle den Kot über mehrere Tage sammeln sollten und auch in größerer Menge. Natürlich können Sie aber den Kot für beide Analysen gleichzeitig im selben Paket zu uns versenden. Dann sollten Sie unbedingt den Kot für die Darmflora-Analyse gesondert kennzeichnen.
Die Probenentnahme in Stichpunkten…
- Sammeln Sie nur unter Sichtkontrolle ganz frisch abgesetzten Kot.
- Es werden ca. 8-10 g benötigt. Zu viel Probenmaterial ist schwer luftdicht zu verpacken.
- Nutzen Sie unser mitgeliefertes Probengefäß.
- Schicken Sie den Kot am selben Tag mit einem ausgefüllten Untersuchungsantrag an unser Labor.
Interpretation des Laborbefundes
Die Analyse der Darmflora benötigt ca. 14 Tage. Bevor die Bakterien identifiziert und in ihrer Menge bestimmt werden können, erfolgt eine Anreicherung, damit auch Spezies, die in geringerer Keimzahl vorkommen, erfasst und ausgewertet werden können.
Sie bekommen von uns einen detaillierten Befund, welche Bakterien in welcher Menge gefunden wurden und ob diese Teil der physiologischen (gesunden) Darmflora des Pferdes sind, oder zu den pathologischen (krankmachenden) Keimen gehören.
Leider ist es uns nicht möglich, detaillierte Aussagen zur Therapieoptionen direkt auf dem Befund anzugeben, da für eine Fütterungsempfehlung im Vorfeld weitere Informationen nötig sind, wie beispielsweise:
- Genaue Symptomatik
- Fütterung und Haltungsbedingungen
- Signalement des Pferdes (Rasse, Alter, Geschlecht, etc.)
- Vorerkrankungen / begleitende Symptomatik
- Vorbehandlungen
- Besonderes zu Ihrem Pferd.
Weitere offene Fragen?
Bei Bedarf bieten wir Ihnen eine detaillierte Beratung durch unsere Tierärztin Lea Badura an. Schreiben Sie hierzu bitte eine Mail mit den oben genannten Informationen und dem Befund an: badura@sension.eu