Der Tesafilmabklatsch – warum er auch bei negativem Kotbefund Sinn macht

Der inzwischen dritte Blogartikel rund um das Thema der Zeitgemäßen + Selektiven Entwurmung beim Pferd beschäftigt sich ganz mit der Methode „Tesafilm-Abklatsch.“ Was ist das? Warum ist es wichtig und wieso kann es sein, dass Pferde, die im McMaster negativ getestet wurden, wenige Tage später trotzdem einen Wurm im Kot haben?

Grundkurs Entwurmung

Sinn und Zweck der Zeitgemäßen + Selektiven Entwurmung beim Pferd ist die Vermeidung von Resistenzentwicklung und das Schonen des Pferdeorganismus. Endoparasiten, also Magen-Darm-Würmer, sind etwas Natürliches und kommen ubiquitär, also überall, vor.

Jedes Pferd kommt im Laufe seines Lebens mit Endoparasiten in Berührung. Vor allem als Fohlen und Jungpferd ist es dabei auf ein engmaschiges Management von Kotproben und / oder Entwurmungen angewiesen, denn in den jungen Jahren besitzt es noch keine natürliche Resistenz gegen Endoparasiten. Diese entwickelt sich erst im Laufe des Erwachsenwerdens.

Erwachsene Pferde schaffen es im Regelfall hervorragend, selbst mit der Belastung durch Endoparasiten klarzukommen und durch ein intaktes Immunsystem und einen gesunden Darm schaffen es die Würmer nicht, sich zu manifestieren, massenhaft zu vermehren und schließlich gesundheitliche Probleme hervorzurufen. Hier kommt die regelmäßige Kontrolle des Endoparasiten-Status durch die Kotprobe zum Einsatz. So kann ermittelt werden, welche Endoparasiten in welcher Menge im Pferd vorkommen und ob eine Entwurmung nötig ist oder nicht.

Grob geschätzt sind etwa 80% aller Wurmkuren, die einem Pferd im Laufe seines Lebens verabreicht werden, unnötig, da keine entwurmungsrelevante Belastung vorliegt. Gefährdet für einen hohen Wurmbefall sind Pferde mit Erkrankungen, einem schwachen Immunsystem oder anderen Stressfaktoren. Auch Zuchtstuten und Jungpferde sollten frequenter untersucht werden. Hier ist es sinnvoll, mit dem Haustierarzt einen individuellen Plan zu erstellen.

Nähere Informationen rund um das Thema Zeitgemäße + Selektive Entwurmung finden Sie auch in unseren vorherigen Blogartikeln.

Der Tesafilm-Abklatsch

Eine Methode der Wurmkontrolle ist der sogenannte Tesafilm-Abklatsch. Die Methodik ist in den meisten Fällen nicht automatisch Teil der Wurmkontrolle. In unseren Augen ist sie allerdings unabdingbar wertvoll, um die tatsächliche Wurmbelastung festzustellen.

Was ist ein Tesafilm-Abklatsch?

Für eine standardmäßige Untersuchung nach Zeitgemäßer + Selektiver Entwurmung wird der Kot des Pferdes gesammelt und ins Labor eingesendet. Beim Tesafilm-Abklatsch wird die Probe auf andere Art genommen. Hierbei wird mit einem Stück Tesafilm rund um den After des Pferdes getupft. Der Streifen wird dann zur Ansicht ins Labor gesendet, wo er unter dem Mikroskop betrachtet wird.

Was weist der Tesafilm-Abklatsch nach?

Nachgewiesen wird mit dieser Diagnostik der sogenannte Pfriemenschwanz-Wurm, auch Oxyuris equi genannt. Die Oxyuren kommen in Deutschland recht häufig vor und führen bei Befall zu leichten Symptomen wie dem typischen Schweifschubbern. Bei massivem Befall können durchaus auch Allgemeinsymptome auftreten, wie Müdigkeit, Leistungsminderung und Konditionsverlust.

Oxyuris equi – der „Tarnwurm“

Tarnwurm ist ein guter Spitzname für diesen Wurm, denn die weiblichen Pfriemenschwänze legen ihre Eier nicht, wie die anderen Endoparasiten des Pferdes, im Darm ab, sodass diese mit dem Kot ausgeschieden werden. Stattdessen wandern sie zur Eiablage aus dem Anus des Pferdes aus und „kleben“ ihre Eier mit einer weilich-gelben, gelatinösen Sekretmasse außerhalb des Anus an.

Somit können die Eier der Pfriemenschwanz-Würmer nur in Ausnahmefällen als Zufallsbefund im Kot entdeckt werden. Stattdessen eignet sich der Tesafilm-Abklatsch, um die perianal abgelegten Eier aufzunehmen und nachzuweisen.

Wann macht der Tesafilm-Abklatsch Sinn?

Sinnvoll ist ein Tesafilm-Abklatsch grundsätzlich bei jeder untersuchten Kotprobe. Doch es gibt natürlich einige Anhaltspunkte, die das Untersuchen des Tesafilm-Abklatsches besonders anzeigen.

Hier zu nennen sind vor allem Pferde mit Juckreiz ausschließlich an der Schweifrübe. Es kommt in diesen Fällen oft zu Haarverlust bis hin zu kleineren Verletzungen an der Schweifrübe, da die Eiablage der Pfriemenschwänze starken Juckreiz verursacht.

Auch wenn Sie gelbliche Sekretspuren rund um den Anus des Pferdes oder an der Unterseite der Schweifrübe finden, ist es indiziert, einen Tesafilm-Abklatsch ins Labor zu schicken.

Und zu guter Letzt ist ein Tesafilm-Abklatsch immer dann Methode der Wahl, wenn im Pferdekot Würmer zu finden sind, obwohl die vorhergegangenen Kotuntersuchungen doch immer negativ waren. Um solche Fälle zu vermeiden, empfehlen wir grundsätzlich mindestens einmal pro Jahr einen Tesafilm-Abklatsch zusätzlich zur „normalen“ Kotprobe untersuchen zu lassen.

Die Methode: Tesafilm-Abklatsch

Die Methode ist recht einfach, sowohl für Besitzer als auch Tierarzt oder Labor. Dennoch gibt es einige Punkte bei der Abnahme zu beachten.

  • Benutzen Sie unbedingt klaren Tesafilm, sodass die Probe unter dem Mikroskop beurteilbar ist.
  • Benutzen Sie nur handelsüblichen Tesafilm, kein Paketklebeband. Dieses ist viel zu breit und kann nicht ordentlich auf Objektträger geklebt werden, sodass die Untersuchung im Labor stark erschwert bis unmöglich gemacht wird.
  • Tupfen Sie mit einem 3-4 cm langen Tesastreifen 2-3x perianal den Analbereich Ihres Pferdes ab. Im Zweifel nutzen Sie lieber 2 oder mehr Tesastreifen, statt einen öfters aufzutupfen. Sonst besteht die Gefahr, dass sich zu viel Material übereinander lagert und dies die Untersuchung erschwert.
  • Wenn Sie gelblich-weiße Sekretspuren sehen, tupfen Sie diese unbedingt auf.
  • Kleben Sie das fertige Tesa-Präparat auf eine Klarsichtfolie. Bitte kleben Sie den Tesastreifen nicht mit sich selbst oder einem anderen Tesastreifen zusammen. Diese Verbindung kann kaum mehr gelöst werden und zerstört die Eier, sodass es zu falschen Ergebnissen führen kann.

Das war schon alles, was es bei der Probenname zu beachten gibt. Als letztes sorgen Sie dafür, dass die Proben zweifelsfrei beschriftet werden. Vor allem ist dies wichtig, wenn Proben mehrerer Pferde eingesendet werden.

Behandlung einer Pfriemenschwanz-Infektion

Wurde bei der Analyse des Tesafilm-Abklatsches dann eine Infektion mit Oxyuris equi nachgewiesen, bekommen Sie von uns eine tierärztliche Entwurmungsempfehlung. Besonders wichtig ist aber auch die nachfolgende Hygiene. Hierbei gibt es einige Dinge zu beachten.

Therapie mit Anthelminthika

Eine manifeste Infektion mit Pfriemenschwänzen wird mit einem üblichen Anthelminthika (Entwurmungsmedikament) behandelt. Hier beispielsweise mit einem Ivermectin-haltigen Präparat.

In den meisten Fällen sind die Pfriemenschwänze sensibel gegenüber dem eingesetzten Präparat, doch auch in Deutschland gibt es inzwischen Publikationen, die von einer verminderten Wirksamkeit der eingesetzten Medikamente sprechen. Deshalb ist vor allem die Nachkontrolle nach erfolgter Entwurmung besonders wichtig.

Diese Nachkontrolle ist die einzige Möglichkeit, zweifelsfrei festzustellen, ob Ihr Pferd nach der Entwurmung auch wirklich wurmfrei ist! Dies ist nicht nur für das Einzelpferd besonders wichtig, denn wenn es schon ein chemisches Nervengift verabreicht bekommt, soll dieses bitte auch unbedingt wirksam sein, sondern auch für andere Pferde des Bestandes, damit keine Resistenzen verschleppt und von Stall zu Stall verbreitet werden.

Hygienemanagement

Die Eier der Pfriemenschwänze sind höchst infektiös und bleiben im Einstreu oder auch in der Perianal-Region des betroffenen Pferdes über Jahre hinweg ansteckend. Deshalb ist bei einer bestehenden Infektion unbedingt die Hygiene zu beachten.

Wurde eine Infektion nachgewiesen und das Pferd entwurmt, sowie die Wirksamkeit der Wurmkur festgestellt, ist die Erleichterung erst mal groß, doch leider passiert es besonders leicht, dass sich Pferde reinfizieren, also wieder mit den Eiern anstecken, die sie vorher ausgeschieden haben. Dies ist unbedingt durch besondere Hygiene zu verhindern.

Wichtig ist der komplette Austausch der Einstreu. Über mehrere Tage hinweg sollte besonders gründlich gemistet werden, dabei natürlich neben der Box nicht Paddock, Putzplatz, Reitplatz und Koppel vergessen. Auch im Offenstall ist das Abmisten von besonderer Wichtigkeit.

Zudem sind diejenigen Stellen im Stall zu beachten, an denen das Pferd sich kratzt. Durch das Schabbeln der Schweifrübe / des Pos werden die infektiösen Eier nahezu überall verteilt: an Wänden, Futtertrögen, abstehenden Ecken, etc.

Desinfizieren Sie diese Ecken (mehrmals) täglich und waschen Sie auch den Analbereich betroffener und auch möglicherweise betroffener Pferde täglich mit lauwarmem Wasser und einem milden Desinfektionsmittel.

Zumeist ist es die mangelhafte Hygiene, die einem hier dazwischen kommt und dafür sorgt, dass eine überstandene Infektion schnell zurückkommt und wenige Wochen später werden schon wieder Würmer ausgeschieden. Bleiben Sie hier also auf jeden Fall konsequent gründlich.

Immunsystem aktiv halten

Die beste Prophylaxe ist natürlich ein gesundes Pferd und ein aktives Immunsystem. Achten Sie vor allem in Zeiten erhöhter Beanspruchung oder in Krankheitsphasen auf Hygiene und ein funktionierendes Wurm-Management. So ist beispielsweise im Fellwechsel, beim Stallwechsel oder während der Turniersaison besonderes (Stress-) Management nötig. Unterstützen Sie Ihren Liebling hier beispielsweise durch die Fütterung verschiedener Zusatzfuttermittel, z.B. Schwarzkümmel fürs Immunsystem, oder durch ein Wellness-Programm zur Entspannung.

Weitere offene Fragen?

Wie immer können Sie Ihre Fragen unter diesem Beitrag stellen, oder sich direkt bei uns im Labor melden. Bei Fragen, die die Durchführung der Tests betreffen, rufen Sie gern direkt bei uns an. Bei medizinischen Fragen oder Fragen zur Fütterung, schreiben Sie bitte eine Mail an: badura@sension.eu

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